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Stirb langsam: Kultur & Corona

Nicht nur die Kultur hat es in Zeiten von Corona schwer. Doch wie sollen Spielstätten funktionieren, wenn trotz Hygiene-Konzepten nur noch 20% Besucher:innen zugelassen sind? Anmerkungen von Karina Syndicus

„Die Kulturszene steht Kopf!“- So wird es gerne geschrieben, sobald ein für Furore sorgender Mensch der Kunst etwas Brisantes erschaffen hat. Brisant geht es allerdings gerade im gesamten Kulturbereich zu. Betroffen sind Schauspieler.innen, Tontechniker:innen, Musiker:innen, Requisiteur:innen, Zirkuskünstler:innen, Tänzer:innen und viele andere die vor und hinter den Bühnen und Kulturstätten arbeiten. Kaum planbar sind für die Theater und Konzertsäle die sich ständig ändernden Verordnungen. Während sich diese immer wieder sehr kreativ und kooperativ gezeigt haben, ist mit den neusten Schutzverordnungen und Entwicklungen ein Spielbetrieb nicht mehr aufrecht zu erhalten. Das bringt viele Booker an den Rande des Organisationstalent, denn Karten müssen storniert, Veranstaltungen verschoben werden, oft kurzfristig und kaum absehbar auf wann. 

Viele Künstler:innen reagieren mit Verständnis, wenn auch mit Kopfschütteln.
Gerd Buurmann, der Erfinder der Kunst gegen Bares, sagte: „Das Virus greift uns in unserer Liebe an. Alles was wir gerne teilen, Zuneigung, Nähe, miteinander Leben, nimmt es uns weg. Es ist schwer zu begreifen, dass ein Theater mit vormals 100 Plätzen jetzt nur noch bestenfalls 20 Leute hinein lassen darf, während man im privaten Bereich lange noch „Uwes 50. Geburtstag feiern durfte.“ Auf der Pressekonferenz am 20.10.2020 einiger Kölner Theater und Kulturräume sowie Künstlerinnen im Bürgerzentrum Ehrenfeld wurde nochmals deutlich, dass die Szene sich wünscht, gehört zu werden und alles in ihrer Macht stehende unternimmt, einen Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Allerdings, wurde auch angemerkt, dass es dringend einen Rettungsschirm benötigt, wenn wir die Szene, so wie sie ist und wie sie Köln prägt, am Leben erhalten wollen.

Denn die Coronapandemie und die Spielzeiten gehen einen Weg: Im Sommer war Pause und von Oktober bis April ist Hauptsaison.
Während die einen Theater die Plätze, die sie besetzen dürfen, auch verkauft bekommen, geht es anderen Spielstätten deutlich schlechter und das Publikum traut sich schlicht nicht mehr hinein.
Und damit müssen wir umgehen lernen. Eine Empfehlung auszusprechen „Geht in die Theater, besucht die Konzerte!“ liegt mir fern, denn ja, bislang sind keine Ausbrüche nach Aufführungen bekannt, allerdings ist „keine Menschenansammlung“ immer noch am sichersten. Zumindest für die physische Gesundheit. Das gilt für Shakespeare wie für Giselas Umtrunk.
Als Künstlerin und Soloselbstständige kann ich berichten, dass die Corona Hilfen nicht ankommen.
Ausgenommen von vielen Hilfsangeboten, da sich hiermit lediglich Betriebskosten begleichen lassen und keine Lebenshaltungskosten, führt es mich und viele Kolleg:innen in die Überlegung, wie man denn den Lebensunterhalt nun weiter bestreiten soll.
Vermeintlich einfach in die Grundsicherung zu gehen, wird spätestens dann kompliziert, wenn eben doch mal ein kleiner Auftritt mit Gage anklopft. Dann stehen viele vor der Frage, ob es überhaupt möglich ist, diesen anzunehmen. Eine Spirale, aus der man so schnell nicht mehr heraus kommt.
Martin Zingsheim (Kabarettist) sagte in der heutigen Pressekonferenz: „Und in der Zeit ist es schwierig kreativ zu sein, denn es ist ja durchaus sehr monothematisch. Man kann nur über Corona schreiben und das will ja niemand mehr hören. Und für wann schreiben wir? Das ist Schreiben für die Tonne.“
Nahliegend ist natürlich, Vergleiche zu ziehen und zu recht zu behaupten, dass es anderen auch schlecht geht in der Krise, was mich aber nicht davon abbringt, daran zu arbeiten und zu hoffen, dass möglichst viele von uns ihren Beruf und ihr Räume be- und erhalten können. Denn gerade die kleinen Häuser und Soloselbstständigen sind schlicht vergessen worden und machen durch Demonstrationen wie „Artensterben“ und „Alarmstuferot“ auf diesen Umstand aufmerksam.
Kreativität leidet, wenn sie beschnitten wird. Wenn man sich nicht gehört fühlt und mit dem Erhalt der eigenen Existenz beschäftigt ist, gelingt es den wenigsten vorzeigbaren Output zu liefern.
Wenn die Spielstätten nicht nur temporär, sondern für immer schließen müssen, geht für die Menschen auf beiden Seiten der Bühnen viel verloren.

Bild Keyvisual: von Gerd Buurmann

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